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Genossenschaftsverband Weser-Ems blickt auf erfolgreiches Jahr 2018 zurück

04.09.2019

Genossenschaften stehen für solides Wirtschaften und gesundes Wachstum / Geschäftsergebnisse trotz herausforderndem Umfeld positiv / Auswirkungen der Digitalisierung in allen Genossenschaftssparten spürbar

 © MARKUS HIBBELER

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Verbandstag des Genossenschaftsverbandes Weser-Ems e.V. (v. l.): Franz Meyer (Präsidiumsmitglied), Klaus Krömer (Vorsitzender des Rechnungsausschusses), Heiko Plump (Präsidiumsmitglied), Johannes Freundlieb (Verbandsdirektor), Olaf Lies (niedersächsischer Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz), Ralph Zollenkopf (Verbandsratsvorsitzender), Dr. Volker Busch (Vortragsreferent auf dem Verbandstag), Axel Schwengels (Verbandsdirektor), Johann Kramer (Präsidiumsmitglied).

Über 300 Vertreter der genossenschaftlichen Mitgliedsunternehmen und viele Gäste aus Politik und Wirtschaft besuchten den Verbandstag des Genossenschaftsverbandes Weser-Ems am 4. September in den Weser-Ems Hallen. Das Grußwort sprach Niedersachsens Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz, Olaf Lies.

Der Verbandsratsvorsitzende Ralph Zollenkopf führte durch den Verbandstag. Zollenkopf stellte in seiner Begrüßung heraus: „Unser Verband ist für seine Zukunftsaufgaben rundherum gut gerüstet. Durch die hohe Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und das sehr solide wirtschaftliche Fundament ist er leistungsstark, innovativ und flexibel. Vertrautheit, Verlässlichkeit und ein enges Miteinander mit seinen Mitgliedern zeichnen unseren Verband in besonderer Weise aus.

Hierauf aufbauend wollen wir auch in Zukunft als selbstständiger Verband für unsere Mitgliedsunternehmen da sein und sie in ihren Belangen optimal unterstützen.“

Minister Lies hob in seinem Grußwort die Bedeutung der Genossenschaftsorganisation für Weser-Ems hervor: „Genossenschaften sind eine Erfolgsgeschichte, das betone ich, weil ich davon zutiefst überzeugt bin.“ Genossenschaften können nach Aussagen von Lies einen wesentlichen Beitrag für gegenwärtige Herausforderungen im Bereich der Daseinsfürsorge leisten. Genossenschaftliche Wohnprojekte nannte er als ein Beispiel für die Daseinsfürsorge. Genossenschaftliche Modelle können ein entscheidender Weg sein, um vor Ort in den Regionen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Das niedersächsische Quartiersgesetz wird den Rahmen bieten, auch genossenschaftliche Modelle zu unterstützen und zu entwickeln.

Als weiteres Beispiel für die Bedeutung der Genossenschaften für Weser-Ems nannte Lies den Klimaschutz. Die Auswirkungen der Klimaveränderungen seien elementar. Die gegenwärtige „Stillstand-Mentalität“ beim Ausbau erneuerbarer Energien könne so nicht weitergehen. „Genossenschaften sind ein starker Partner, um die Klimaschutzziele zu erreichen“, stellte der Minister fest. Für den Nordwesten sieht er besondere Standortvorteile und eine „Riesenchance“ für Genossenschaften. Bei der Windenergie mangele es an Akzeptanz in der Bevölkerung. Bürgerenergiegenossenschaften bieten „Chancen der Partizipation“, um die Akzeptanz durch Beteiligung zu stärken. Für Lies ist es wichtig, für dieses Modell weiter zu werben und Bürgerenergiegenossenschaften in Zukunft zu stärken.

Die Verbandsdirektoren Johannes Freundlieb und Axel Schwengels berichteten gemeinsam über das abgelaufene Geschäftsjahr sowie aktuelle Verbandsthemen. Während Freundlieb die wesentlichen geschäftlichen Entwicklungen der dem Verband angehörenden 303 Mitgliedsunternehmen sowie den aktuellen Jahresabschluss des Verbandes vorstellte, informierte Schwengels über die Verbandsarbeit in den Leistungsfeldern Prüfen, Beraten, Bilden und Interessen vertreten.

„Die Leistungen und geschäftlichen Erfolge unserer Mitgliedsunternehmen sind umso bemerkenswerter, als sich das Umfeld, in dem sie wirtschaftlich tätig sind, weiterhin herausfordernd entwickelt“, so Freundlieb. Insbesondere den spürbaren Fachkräftemangel, erforderliche Investitionen in Digitalisierung, den gesellschaftlichen Wertewandel, volatile Preise und komplexe Regulatorik beschrieb er als maßgebliche Wirkfaktoren.

Beide Vorstände unterstrichen deutlich, dass der Genossenschaftsverband Weser-Ems auch weiterhin als selbstständiger Dienstleistungsverband nah an seinen Mitgliedern agieren und das genossenschaftliche Erfolgsmodell weiter ausbauen will.

 

Genossenschaftsbanken als Kreditgeber der mittelständischen Wirtschaft

„Die unserem Verband angehörenden 61 Volksbanken und Raiffeisenbanken haben ihre positive Entwicklung in 2018 fortgesetzt“, stellte Freundlieb einleitend fest. „Die gelebte Nähe zu den Menschen und zur Region ist seit jeher der Schlüssel für den Erfolg unserer Mitgliedsbanken. Diese Haltung und das solide Wirtschaften erkennen die Mitglieder und Kunden an. Die eindrucksvollen geschäftlichen Erfolge spiegeln das hohe Vertrauen in die Genossenschaftsbanken wieder“, so Freundlieb weiter. Ein Beleg dafür ist unter anderem das Kreditwachstum in Höhe von 4,8 Prozent auf 20,9 Milliarden Euro, die Zunahme im Einlagengeschäft um 5,1 Prozent auf 18,8 Milliarden Euro und der Anstieg des addierten Bilanzvolumens um 4,7 Prozent auf 28,7 Milliarden Euro für das vergangene Geschäftsjahr. „Die Genossenschaftsbanken stehen wie die gesamte Finanzbranche vor der Herausforderung, mit dem technologischen Wandel umzugehen“, beschrieb Freundlieb die das Betriebsergebnis belastenden Faktoren. „Der Kunde erwartet komfortable Lösungen und Mehrwerte mit hohem Nutzen für sich“.

Dennoch erzielen die Genossenschaftsbanken in Weser-Ems nach wie vor Spitzenwerte im Bundesvergleich, lobte der Verbandsdirektor das Betriebsergebnis vor Bewertung 2018 in Höhe von 1,01 Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme (Vorjahr: 0,99 Prozent). Die Mitgliedsbanken des Verbandes konnten die insgesamt gute Eigenkapitalausstattung und Risikovorsorge weiter stärken und eine attraktive Dividende an ihre Mitglieder ausschütten. Für 2019 rechnet der Verband mit einem weiter leicht rückläufigen, aber nach wie vor über dem Bundesdurchschnitt liegenden Betriebsergebnis.

Zu den Rahmenbedingungen, die das Bankgeschäft ganz wesentlich bestimmen, gehört auch die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Durch die Niedrigzinspolitik haben die deutschen Sparer laut Angaben der DZ BANK AG in den letzten zehn Jahren 648 Milliarden Euro Zinsen verloren. Freundlieb betonte, dass die Geldpolitik nicht dauerhaft missbraucht werden darf, um die Fehler der Fiskalpolitik der einzelnen Staaten auszubügeln. In einem seien sich aber alle Bankengruppen mittlerweile einig: Je länger das Zinstief anhält bzw. noch verschärft wird, desto wahrscheinlicher wird es, dass Institute Gebühren oder Strafzinsen an ihre Kunden weitergeben. Eine (weitere) Umverteilung zugunsten der Schuldner durch die Geldpolitik der EZB wäre ein ökonomischer Irrsinn, so Freundlieb.

 

„Jahrhundertsommer“ prägt Entwicklung der Ländlichen Genossenschaften

Den zum Verband gehörenden Ländlichen Genossenschaften und Gesellschaften setzte der „Jahrhundertsommer“ in 2018 deutlich zu. „Das extreme Wetter hat Spuren in der gesamten Agrarbranche hinterlassen und damit auch die Geschäftsentwicklung unserer in der Landwirtschaft tätigen Genossenschaften wesentlich beeinflusst“, fasste Freundlieb das abgelaufene Geschäftsjahr zusammen. Trotz zusätzlicher Herausforderungen, wie stark volatiler Weltmarktpreise, steigender gesellschafts- und agrarpolitischer Herausforderungen, einer möglichen weiteren Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest sowie erheblicher Investitionen im Zuge der Digitalisierung sind die Ländlichen Mitgliedsgenossenschaften des Verbandes solide aufgestellt. „Ihr Beitrag zur Wertschöpfung im ländlichen Raum ist sehr wertvoll und mit modernen Arbeitsplätzen tragen sie wesentlich zur Attraktivität unserer ländlichen Regionen bei“, so Freundlieb.

Die Betriebsergebnisse der Warengenossenschaften bzw. der Viehvermarktungsgenossenschaften waren mit 1,0 bzw. 0,4 Prozent vom Umsatz angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen sehr gut. Die Getreideernte 2018 stand unter schlechten Vorzeichen. Die Aussaat der Marktfrüchte im Herbst 2017 wurde von massiven Niederschlägen beeinträchtigt. Die Ernteergebnisse waren regional sehr unterschiedlich, wobei die Qualität insgesamt positiv war. Ursache für einen Umsatzrückgang in der Futtermittelwirtschaft waren steigende gesellschaftspolitische Anforderungen und die novellierte Düngeverordnung und der damit verbundene Rückgang der Tierbestände. Der Rückgang der Tierzahlen wirkte sich auch auf den Umsatz der Viehvermarktungsgenossenschaften aus.

Der Milchauszahlungspreis lag zum Jahresanfang 2018 bei 35 Cent je Kilogramm Milch, verminderte sich in der ersten Jahreshälfte und stieg dann wieder auf das Ausgangsniveau an. Aktuell liegt er leicht unter diesem Niveau. „Vermehrt nahmen Milchbauern und Molkereien die Option wahr, einen Erzeugerpreis über Warenterminkontrakte abzusichern. Unsere Genossenschaft  war die Erste, die ihren Mitgliedern ein Preisabsicherungsmodell angeboten hat“, beschrieb Freundlieb die Entwicklungen am Milchmarkt.

 

Energiegenossenschaften schließen 2018 mit erfreulichem Ergebnis ab

Für die 71 Energiegenossenschaften mit ihren mittlerweile über 15.200 Mitgliedern in Weser-Ems bezeichnete Freundlieb das Geschäftsjahr 2018 als insgesamt erfreulich. Während sich die Zahl der dem Verband angehörenden Energiegenossenschaften in den letzten zehn Jahren nahezu verdoppelt hat, stellt der Gesamtumsatz in 2018 von 100 Millionen Euro im Fünfjahresvergleich eine Verdoppelung dar. Trotz des zurückgehenden Zubaus von Windenergieanlagen konnte bei bundesweiter Betrachtung ein neues Rekordergebnis in der Windbranche erzielt werden. Die Photovoltaik- und Solarparkunternehmen profitierten von Rekordwerten bei Sonnenstunden und Solarstrahlung. Sie erzeugten so viel Sonnenstrom wie noch nie. Bei den Wärmeversorgungsgenossenschaften schmälerten die hohen Durchschnittstemperaturen 2018 den Erlös. „Weser-Ems überschreitet mit weit über 70 Prozent regenerativer Deckung des Strombedarfs die bundesdeutschen Ziele in großem Umfang“, zeigte sich Freundlieb erfreut.

 

Verband begleitet Mitglieder mit Beratung und Prüfung

Das Dienstleistungsangebot des Verbandes – es reicht von der Rechts- und Steuerberatung über klassisches Unternehmensconsulting bis zu Unterstützungsleistungen im Personalmanagement – wurde von den Mitgliedsunternehmen im Jahr 2018 erneut intensiv in Anspruch genommen. Schwerpunktthemen waren Beratungen zur Strategie- und Organisationsentwicklung, Begleitungen von Fusionsvorhaben sowie Gestaltungsberatungen.

Durch die intensive verbandseigene Gründungsberatung konnten 2018 neun neue Genossenschaften in den Bereichen Energie, Wohnen, Dienstleistung und Soziales gegründet werden; 2019 sind bereits vier weitere Genossenschaften dazugekommen. Besonders erfreut zeigte sich Schwengels über die ersten drei Gründungen im Bachelorstudiengang „Gründung, Innovation, Führung“ an der Hochschule Bremerhaven. Das aus Finnland stammende Studienmodell setzt auf die Qualifikation der Studenten für das Unternehmertum. „Mithilfe der Genossenschaften setzen die Studenten ihre Geschäftsideen in einer genossenschaftlichen Rechtsform um und entwickeln gemeinschaftlich ihre Fähigkeiten im Hinblick auf ihre künftige berufliche Tätigkeit“, beschrieb Schwengels den genossenschaftlich geprägten Lernansatz. Erste Geschäftsideen konnten alle drei Genossenschaften mit Lebensmittellieferdiensten, Consultinglösungen für den Einzelhandel sowie im digitalen Umfeld bereits umsetzen.

 

Interessenvertretung fordert verlässliche regulatorische Rahmenbedingungen

„Belastungen gerade für kleine und mittlere Institute durch Meldepflichten, Bürokratie und Regulatorik müssen endlich zügig und wesentlich zurückgehen“, fasste Schwengels die Forderungen der Genossenschaftsbanken zusammen. Mit Blick auf eine weitere Vergemeinschaftung der europäischen Einlagensicherung (EDIS) unterstrich Schwengels kritisch, dass europaweit zunächst Risiken aus notleidenden Krediten und Staatsanleihen erheblich reduziert und Insolvenzregeln angeglichen werden müssten, bevor über weitere Schritte diskutiert werden könne. „Aus unserer Sicht hat Risikoabbau in der Euro-Zone oberste Priorität“, so Schwengels.

Die Ländlichen Genossenschaften stehen gegenwärtig vielfältigen Herausforderungen gegenüber. Dazu zählen Düngeverordnung, Initiative Tierwohl, Ausstieg aus der betäubungslosen Ferkelkastration oder die fortwährende Bedrohung durch die Afrikanische Schweinepest, um nur einige Themen zu nennen. Der Genossenschaftsverband Weser-Ems steht dabei im engen Schulterschluss mit dem Deutschen Raiffeisenverband (DRV) und entwickelt bei Bedarf in der Verlängerung auch regionale Initiativen. Ein Beispiel: „Im Falle eines Ausbruchs der Afrikanischen Schweinepest wurde unter Federführung des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV) und unter Beteiligung unseres Verbandes ein Muster-Krisenhandbuch ausgearbeitet. Es enthält Empfehlungen für Tier- und Warentransporte, Vieh-Sammelstellen und Berater und kann zur Erstellung eigener, betriebsindividueller Krisenpläne genutzt werden“, führte Schwengels aus.

Die gegenwärtigen Transformationsprozesse, die in agrarischen Intensivregionen wie Weser-Ems deutlich spürbar werden, und der damit einhergehende Strukturwandel entlang der gesamten Wertschöpfungskette bilden die inhaltliche Klammer für eine Vielzahl an Herausforderungen. Die Agrarwirtschaft wird sich in den kommenden Jahren wandeln wie kaum eine andere Branche. Heute werden die bestehenden, etablierten Produktionssysteme von der Gesellschaft in Frage gestellt. Ökologische, soziale und ethische Fragen rucken zunehmend in das Zentrum der Diskussion. Die Transformation ist notwendig, damit die Agrar- und Ernährungsbranche in Zukunft wettbewerbsfähig bleibt. „Gemeinsam mit unseren Mitgliedern und Verbundpartnern setzen wir uns für die nachhaltige Entwicklung agrarischer Intensivregionen ein. Dabei kommt es mehr denn je auf eine breite Vernetzung und einen aktiven Dialog mit den Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft an, um im Transformationsprozess Themen zu setzen und im Sinne der Mitglieder zu gestalten“, erklärte Verbandsdirektor Schwengels. Auf niedersächsischer Ebene engagiert sich der Verband als ständiges Mitglied in der „Niedersächsischen Nutztierstrategie –Tierschutzplan 4.0“. Diese auf Dauer angelegte niedersächsische Nutztierstrategie baut auf dem 2011 ins Leben gerufenen Tierschutzplan Niedersachsen auf, der als Projekt bis 2018 konzipiert war.

Beim Klimaschutz setzt sich der Verband für realistische Ziele beim Ausbau der erneuerbaren Energien ein und fordert einen Wandel von Verboten zu einem Anreizsystem sowie den weiteren Ausbau von Bürgerenergie.